Der Landeselternausschuss Berlin (LEA) fordert zum Schuljahr 2016/17 die Abschaffung der MSA-Prüfungen am Gymnasium sowie eine schulgesetzliche Festlegung auf eine dreijährige Oberstufenzeit am „G8“-Gymnasium und einer der Oberstufen-Einführungsphase entsprechenden Ausstattung der 10. Klassen!

Auf seiner Sitzung am 6.11.15 hat der Landeselternausschuss Berlin mit großer Mehrheit die Abschaffung eines gesonderten Prüfungsverfahren zur Erteilung des Mittleren Schulabschlusses (MSA) an den Berliner Gymnasien gefordert.

Der LEA fordert ab dem Schuljahr 2016/17, anstatt durch ein zeit- und ressourcenraubendes Prüfungsverfahren, den MSA am Gymnasium mit der erfolgreichen Versetzung in die 11. Klasse zu erteilen! Dies entspricht vom Prinzip her der Praxis aller anderen Bundesländer und ist auch im Hinblick auf einen möglichen Wohnortwechsel außerhalb Berlins notwendig und sinnvoll!

Entgegen der Behauptung der Senatsverwaltung für Bildung bei Einführung der zentralen MSA-Prüfungen im Jahr 2006, ist das Bestehen des MSAs durch ein Prüfungsverfahren in der 10. Klasse kein sinnvoller und aussagekräftiger Qualitätsindikator für das Gymnasium. Seit nun mehreren Jahren liegt die Bestehungsquote am Gymnasium bei fast 100 % und im Grundsatz wird durch die hohe Bestehungsquote am Gymnasium nur die Gesamtstatistik für das Bestehen des MSAs an den Berliner Oberschulen „verschönert“.

Die Prüfungen und die Vorbereitungen binden Zeit, die die Schüler eigentlich für die Lerninhalte der 10. Klasse und für die Einführungsphase der Oberstufe (denn da befinden sie sich spätestens im 2. Halbjahr der 10 Klasse) benötigen, Unterricht fällt regelmäßig für die gesamte Schülerschaft aus. Der Landeselternausschuss sieht somit das Aufwand-Nutzen-Verhältnis in einem eklatanten Missverhältnis, auch unter Anbetracht der Verdichtung der Lernzeit an den „G8“-Gymnasien und fordert endlich die Einsicht bei Politik und Verwaltung, dieses sinnfreie Verfahren wieder abzuschaffen und somit auch dem Gymnasium und dessen Schülerschaft die ihnen zustehende Lern- und Lehrzeit zuzubilligen, die sie in der 10. Klasse und somit in der Einführungsphase für die darauf folgende Qualifikationsphase und das Abitur benötigen. Ein Prüfungsverfahren, was in der Gesamtbetrachtung auf dem Weg zum Abitur nur einen minimalen und letztendlich zu verzichtenden Effekt aufweist, hat hier nichts zu suchen! Die verantwortlichen Bildungspolitiker machen es sich auch etwas zu einfach, wenn sie sich darauf verlassen, dass die Elternhäuser immer die Möglichkeit haben, das zu kompensieren, was in der Schule nicht stattfindet. Sollte das Gymnasium nicht auch eine Schule für „Alle“ sein und auch hier der Bildungserfolg weitestgehend unabhängig vom Elternhaus sein?

Um zu erfahren, wo die Gymnasiasten wirklich stehen, wären Vergleichsarbeiten in der 10. Klasse wie in Hamburg, die zudem in die Jahrgangsnoten einfließen und, dem Lehrplan des „G8-Gymnasiums“ entsprechen, im Sinne „guter Schule“ wesentlich dienlicher. Auch diese Vergleichsarbeiten können in Form von Klausuren geschrieben werden und stellen eine Prüfungssituation dar - und dies ohne den verhältnismäßig hohen Verbrauch von Schulressourcen und damit eingehend Unterrichtsausfall für die gesamte Schule bei einer Abschlussprüfung - und entkräften somit auch das Argument der Senatsverwaltung, dass die MSA-Prüfung quasi eine „Generalprobe für das Abitur“ für die Berliner Gymnasiasten sei.

Seit Jahren gibt es von den Gymnasialschulleitern umfassende und sinnvolle Verfahrensvorschläge zu einer Reform oder auch Abschaffung des MSAs am Gymnasium. Auch gibt es vernünftige Vorschläge zum Verfahren für die Schüler, die nicht in die Oberstufe versetzt werden und somit den MSA mit einer Prüfung erhalten müssten oder auch für die Schüler, die nach Abschluss der 10. Klasse Gymnasium auf eine ISS mit einer Oberstufe oder OSZ wechseln wollen. Aber diese Vorschläge werden ebenso seit Jahren von der Senatsverwaltung ignoriert und mit dem Argument des „Schulfriedens“ und der „Unantastbarkeit des MSA‘s am Gymnasium“ seit Beginn dieser Legislaturperiode im Jahr 2011 abgetan. Der Landeselternausschuss sieht es nun an der Zeit mit Beginn der neuen Legislaturperiode und der Einhaltung des fünfjährigen „Schulfriedens“ den systemischen Fehler an den Gymnasien zu korrigieren und für die Mehrheit der Gymnasiasten, die nämlich an ihrer Schule bleiben und das Abitur anstreben, eine der Schulform Gymnasium gerechten und sinnvollen Organisation ihrer 10. Klassen ab dem Schuljahr 2016/17 zu ermöglichen!

Des weiteren fordert der Landeselternausschuss die Senatsverwaltung und die Berliner Abgeordneten auf, die längst überfällige Anpassung des Berliner Schulgesetzes - entsprechend des vom Land Berlin unterschriebenen Grundsatzes der Kultusministerkonferenz (KMK) zu einer dreijährigen Oberstufenzeit - in die aktuelle Schulgesetzänderung zu übernehmen. Die 10. Klasse des „G8“-Gymnasiums übernimmt hierbei eine Doppelfunktion als letzter Jahrgang der Sekundarstufe I und als erster Jahrgang der gymnasialen Oberstufe (Einführungsphase). In der Konsequenz muss auch die 10. Klasse personell so ausgestattet werden, dass sie der Einführungsphase, zum Beispiel durch Unterricht im Klassenverband wie im Kurssystem, gerecht werden kann.

Der Landeselternausschuss zielt im Übrigen mit diesem Beschluss nicht auf eine erneute Diskussion um „G8“ oder „G9“ ab, noch soll damit die Berliner Schulstrukturreform mit dem zweigliedrigen Schulsystem (ISS und Gymnasium) grundsätzlich in Frage gestellt werden, eher im Gegenteil! Jedoch beide Schulformen müssen so organisiert und ausgestattet sein, dass sie ihrem Anspruch gerecht werden können und frei von kontraproduktiven Fehler in ihrem System sind. Und hierfür wird das einsichtige Verstehen und Handeln von Politik und Verwaltung gefordert!